Datenbasiertes Online Marketing vs. Datenschutz – Übersicht und 3 Lösungsansätze

Laptop mit Online Marketing Daten

In welche Richtung sich Suchmaschinenmarketing und Social Media Advertising entwickeln würden, schien vor kurzer Zeit noch klar zu sein: Mit noch mehr Daten und noch ausgeklügelteren Algorithmen sollten die Zielpersonen noch präziser angesprochen werden können.

Doch spätestens mit der Einführung von DSGVO wurde absehbar, dass die Daten- und Konsumentenschützer da nicht mitspielen. Im EU-Raum wurde aktive Zustimmung der User Pflicht, in der Schweiz blieb es vorerst bei einer einfachen Informationspflicht.

Websites wurden mit nervigen Cookie-Bannern versehen. Das Trostpflaster für Werbetreibende war: Sind die Cookie-Banner gut gemacht, erreichen sie erstaunlich hohe Zustimmungswerte. Es kam die Hoffnung auf, dass datenbasiertes Marketing zumindest bei den einverstandenen Usern weiterhin uneingeschränkt möglich sei.

Doch dann kamen die nächsten, noch viel einschneidenderen Einschränkungen. Apple führte mit dem iOS 14 Update die «Intelligent Tracking Prevention» ein. Diese betraf nicht nur iPhone-Nutzer, sondern auch alle User, die mit dem Safari Browser unterwegs sind. Schon bald zogen auch andere Browser wie Firefox mit und führten ähnliche Datenschutzsysteme ein. Damit sind heute rund 50 % der Internetuser betroffen. Auch Google hat für den Chrome Browser entsprechende Einschränkungen angekündigt.

  • 3rd Party Cookies werden standardmässig blockiert.
  • 1st Party Cookies, die von externen Scripts geschrieben werden, werden auf eine Laufzeit von 7 Tagen beschränkt.
  • Bei typischen Werbequellen wie Google Ads, Facebook Ads etc. beträgt die Laufzeit der Pixel sogar nur noch einen Tag.

Das war eine echte Hiobsbotschaft für Werbetreibende, den Intelligent Tracking Prevention und Co. führen zu folgendem Problem:

Cookies für Google Ads und Social Media Kampagnen werden in vielen Fällen nur noch für 24 Stunden gespeichert.

Weshalb ist das schlimm?

Problemstellung für Marketing-Verantwortliche

a) Conversion Tracking ungenau

Für datengetriebenes Online Marketing ist Conversion Tracking absolut zentral. Dabei wird gemessen, welche Anzeige bei welchen Usern zu welchen Conversions (gewünschte Handlung wie Kauf oder Kontaktanfrage) geführt haben. Anhand dieser Daten können die Algorithmen von Google und Facebook Erfolgsfaktoren ermitteln (welche Anzeigen funktionieren bei welchen Zielgruppen am besten?). Online Marketing ohne Conversion Tracking ist also ein Schuss ins Blaue. Wenn Cookies aber nur 24 Stunden gespeichert werden, funktioniert das Conversion Tracking nur noch sehr eingeschränkt – nämlich nur bei Usern, die nach dem ersten Klick auf die Anzeige innert 24 Stunden eine Conversion-Handlung vornehmen.

  b) Retargeting eingeschränkt

Retargeting (oder Remarketing) ist eine besonders effiziente Methode, um digitale Anzeigen interessierten Personen auszuspielen. Bei Retargeting werden die Anzeigen Usern ausgespielt, die bereits die Webseite des Werbetreibenden besucht haben.

Damit dies möglich ist, muss die Website ein Pixel setzen können. Dieses Pixel wird mit ITP nur noch 24 Stunden gespeichert. Das heisst: Als Werbetreibender kann man nur noch Personen ansprechen, die innert der letzten 24 Stunden die Website besucht haben.

  c) Falsche Google Analytics Zahlen

In Google Analytics führt ITP zu einer Reihe von Problemen bzw. sogar zu komplett falschen Zahlen.

  • Nutzer werden beim zweiten Besuch nicht als wiederkehrende Nutzer erkannt und als neue Nutzer gezählt. Dadurch ist es nicht mehr möglich zu erkennen, wie viele Nutzer die Website tatsächlich besucht haben (keine Nettoreichweite mehr).
  • Nutzerbewegungen können nicht mehr korrekt nachverfolgt werden.
  • Cross Device Tracking funktioniert nicht mehr richtig.
  • Geotragenting ist nur noch eingeschränkt möglich.

3 Lösungsansätze

a) Server Side Tagging

Server Side Tagging ist wohl derzeit der erfolgversprechendste Ansatz zur Lösung der ITP- Probleme. Beim serverseitigen Tracking werden die Daten beispielsweise durch einen cloudbasierten Google Tag Manager verarbeitet, der in die gleiche Domain eingebunden ist wie die Website des Werbetreibenden. Dadurch gelten die Cookies nicht mehr als 3rd Party Cookies, sondern als native 1st Party Cookies. Diese fallen nicht unter die ITP. Mit serverseitigem Tracking lässt sich die Tracking Prevention also zu einem guten Teil umgehen.

Wie server side tagging funktioniert

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=qSWPF-IMr5g

Die Lösung hat aber auch zwei grössere Nachteile:

  1. Die Kosten für das Hosting sind gerade für kleinere Unternehmen nicht unerheblich.
  2. Es ist nicht klar, wie lange diese Lösung funktioniert. Es könnte sein, dass Apple und Co. diese Lücke plötzlich schliessen.

 

b) Googles FLoC und Topics

FLoC ist Googles Ansatz für den Umgang mit strengen Datenschutzanforderungen und steht für Federated Learning of Cohorts. Dabei werden die User mit Künstlicher Intelligenz aufgrund ihres Browserverlaufs in Kohorten gruppiert. Der Browser gibt dann nur die Kohortenzugehörigkeit weiter, nicht die individuellen Daten des Users. Werbetreibende können dann die Anzeigen auf die Kohorten ausrichten und so ihre Anzeigen weiterhin an relevante Zielgruppen ausspielen.

Diese im Rahmen der Google Sandbox integrierte Idee von Google befindet sich im Teststadium. Ob die Lösung datenschutzkonform ist, ist aber noch offen. Auch die Performance der kohortenbasiert ausgespielten Anzeigen muss sich noch zeigen. Es gibt auch Gerüchte, wonach Google die Idee bereits wieder eingestampft hat und stattdessen einfach themenbasiert Werbung ausspielen will.

c) Facebook Conversion API

Da sich Facebook und Instagram Ads ohne Conversion-Messung kaum gezielt ausspielen lassen, arbeitet Meta an einer Facebook Conversion API. Dabei werden Conversions serverseitig gemessen, was auch ohne Cookies in den Browsern der User funktioniert. Im Grunde funktioniert das ähnlich wie das oben beschriebene Server Site Tracking, einfach reduziert auf die Messung von Facebook und Instagram Ads Conversion.

Fazit

Derzeit ist noch offen, ob sich neue Technologien durchsetzen werden, die weiterhin datenbasiertes Marketing ermöglichen und gleichzeitig die Privatsphäre der User schützen. Die Alternative besteht darin, dass digitales Marketing in Zukunft mit weniger Daten auskommen muss. Wir sind der Ansicht, dass Server Side Tagging sowohl den berechtigten Ansprüchen der Datenschützer als auch das genauso berechtigte Ansprechen der Werbetreibenden berücksichtigt und somit ein viel versprechender Lösungsansatz ist.

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