Leadgenerierung im Web: 6 Tipps aus 10 Jahren Erfahrung
«Was können wir tun, damit mehr potenzielle Kunden das Kontaktformular auf unserer Website ausfüllen?» Diese Frage beschäftigt Marketingverantwortliche im Jahr 2021 genauso wie schon 2011.
Kein Wunder, denn ungenügende Kontaktanfragen sind für viele Unternehmen die grösste Hürde bei der Steigerung der Umsatzzahlen.
Seit über 10 Jahren beschäftige ich mich sehr intensiv mit der Leadgenerierung im Web (9 Jahre davon als Inhaber der Online Marketing Agentur Standout). In diesem Artikel teile ich mit Ihnen die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Zeit. Das Ziel ist, dass Sie als marketingverantwortliche Person davon profitieren und die Leadgenerierung in Ihrem Unternehmen effizient ankurbeln können.
Die Kontaktbereitschaft von Kunden sinkt
Es sind besonders Unternehmen mit erklärungsbedürftigen Angeboten, die laufend auf neue Leads angewiesen sind. B2B-Dienstleistungen, Versicherungen, Weiterbildungen, Industrieprodukte, NGO-Mitgliedschaften etc. lassen sich halt nicht einfach in einen Webshop stellen und per Knopfdruck verkaufen.
Diese Unternehmen haben zwei Möglichkeiten:
- Aktive Kontaktaufnahme mit potenziellen Kunden, z.B. durch Kaltakquise
- Das Angebot gut positionieren, damit sich potenzielle Kunden von alleine melden
Vor 10 Jahren war die erste Option noch sehr verbreitet. Im Laufe der Digitalisierung wurde das aber immer schwieriger. Die Kunden informieren sich, evaluieren potenzielle Lösungen und Anbieter selbstständig und wimmeln Kaltaquise-Anrufe unwirsch ab.
Ganz neu ist dieser Trend allerdings nicht. Bereits im Jahr 2014 hat die CEB Inc (heute Gartner) in einer Studie gezeigt, dass Kunden durchschnittlich erst zur Kontaktaufnahme bereit sind, wenn sie 57 % des Kaufentscheidungsprozesses durch eigenständige Recherche durchlaufen haben.
Quelle: https://www.slideshare.net/ashishmathur28/the-challenger-sale-a-different-kind-of-buying-has-emerged
Wir haben den Eindruck gewonnen, dass sich dieses Phänomen seit 2014 nochmals deutlich verstärkt hat. Kunden recherchieren die Ursachen ihrer Herausforderungen, evaluieren Lösungen und erstellen dann oft eine Shortlist mit möglichen Anbietern.
Auf dieser Shortlist stehen dann die Unternehmen, auf welche die Kunden im Rahmen ihrer Recherche gestossen sind. Und genau das ist der Grund, weshalb Kaltaquise für viele Unternehmen nicht mehr richtig funktioniert.
Vielen Marketing- und Verkaufsverantwortlichen in Unternehmen mit leadbasierten Geschäftsmodellen bleibt nichts anderes übrig, als die Kaufentscheidungsprozesse ihrer Kunden online zu begleiten, bis der richtige Moment für die Kontaktaufnahme kommt.
Das ist aber auch eine grosse Chance für Unternehmen, welche die digitale Leadgenerierung richtig angehen. Die folgenden 10 Tipps aus 10 Jahren Erfahrung sollen Ihnen dabei helfen:
Tipp 1) Thematisieren Sie die Probleme Ihrer Kunden
Die Macht von Problemen wird im Marketing oft unterschätzt. Dabei machen erst die Probleme aus einer beliebigen Person einen potenziellen Kunden. Nur wenn jemand in rechtliche Probleme schlittert, wird er zum potenziellen Kunden für einen Anwalt. Oder erst die zunehmende Komplexität der IT-Umgebung schafft Bedarf für einen kompetenten IT-Dienstleister.
Probleme steuern auch unsere Aufmerksamkeit. Wenn wir erkennen, dass jemand genau unser Problem anspricht, schenken wir dieser Person die volle Aufmerksamkeit. Spricht jemand einfach nur von tollen Vorteilen, kann er unsere Aufmerksamkeit damit kaum fesseln.
Obwohl sich viele Marketingverantwortliche damit schwertun, empfehle ich Ihnen, die Probleme Ihrer Kunden auf den Angebotsseiten Ihrer Website, in Blogartikeln, Referenzcases, Social Media Posts und Google Anzeigen ganz konkret anzusprechen und zu thematisieren.
Tipp 2) Teilen Sie Ihr Wissen grosszügig
«Wissen ist Macht» – so hiess es lange. Für die Leadgenerierung im Web ist diese Einstellung aber extrem hinderlich. Denn wie soll ein potenzieller Kunde von Ihrem Knowhow erfahren, wenn Sie es hinter Ihrer Firewall verschanzen?
Es sind zwei Einwände, die Unternehmen vom Teilen des Knowhows abhalten:
- «Wir wollen nicht, dass unsere Mitbewerber von unserem Wissen profitieren.»
Denken Sie daran, dass Wissen und Knowhow nicht dasselbe sind. Ihr Knowhow besteht darin, dass Sie das Wissen richtig nutzen können. Damit sind Sie den Mitbewerbern noch weit voraus, wenn diese sogar das Wissen von Ihnen abschreiben müssen.
- «Wenn wir das Wissen verschenken, dann hat der Kunden ja keinen Grund mehr, sich bei uns zu melden.»
Denken Sie daran, dass Kunden mindestens 57 % des Kaufentscheidungsprozesses selbst durchlaufen, bevor sie bereit sind, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Vorher recherchieren sie Unmengen an frei verfügbarem Wissen, entweder bei Ihnen oder woanders.
Deshalb empfehlen wir, das Wissen möglichst grosszügig zu teilen. Schreiben Sie Blogposts, Fachberichte, Referenzcases oder erstellen Sie Berichte und Studien. Teilen Sie diese auf Ihrer Website und via Social Media und E-Mails oder bewerben Sie die Inhalte sogar mit Anzeigen.
Tipp 3) Bauen Sie viel Vertrauen auf
Bereits die erste Kontaktaufnahme mit Ihnen als Anbieter setzt für den Kunden oder die Kundin viel Vertrauen voraus. Immerhin kennt diese Person Sie nicht und weiss vielleicht vieles nicht über Sie, z.B.:
- Meint es dieser Anbieter gut mit mir oder will er um jeden Preis etwas verkaufen?
- Ist dieser Anbieter ehrlich?
- Kann dieser Anbieter seine Versprechen halten?
- Sind die Preise fair oder werde ich da über den Tisch gezogen?
Es gibt eine Reihe von vertrauensbildenden Massnahmen, mit denen Sie Vertrauen bei noch unbekannten potenziellen Kunden aufbauen können:
- Zeigen Sie Referenzcases
- Verweisen Sie auf unabhängige Bewertungen
- Machen Sie Zertifikate, Auszeichnungen, Diplome und bisherige Erfolge sichtbar
- Benennen Sie Zahlen wie z.B. Anzahl Kunden, Projekte, Mitarbeitende, Jahre im Geschäft, Umsatz etc.
- Lassen Sie Kunden oder externe Experten über Ihr Angebot sprechen (Testimonials)
- Zeigen Sie Präsenz in der Branche und im Web
- Belegen Sie den Nutzen Ihres Angebots mit Zahlen und Fakten
Tipp 4) Erklären Sie Ihre Lösung detailliert
Ein wichtiger Teil der selbstständigen Recherche von Kunden vor der Kontaktaufnahme ist auch die Evaluation möglicher Lösungsansätze.
Deshalb kurbelt es die Leadgenerierung an, wenn Sie potenziellen Kunden tiefe Einblicke in Ihr Angebot bieten können. Das Angebot sollte so erklärt werden, dass die Leser Antworten auf folgende Fragen finden:
- Wie löst das Angebot mein Problem?
- Passt diese Lösung zu mir bzw. zu meinem Unternehmen?
- Was unterscheidet diese Lösung von den Alternativen?
- Woher weiss ich, dass diese Lösung funktioniert?
Meistens lassen sich diese Fragen problemlos auf Angebotsseiten erklären. Lassen Sie sich nicht dazu verleiten, die Angebotsseiten auf eine Aufzählung von Vorteilen zu reduzieren.
Tipp 5) Den inhaltlichen Kaufentscheidungsprozess verstehen
Potenzielle Kunden interessieren sich je nach Phase im Kaufentscheidungsprozess für unterschiedliche Inhalte. Wie im Artikel Content Marketing Funnel – So finden Sie Inhalte, die Ihnen beim Verkaufen helfen lassen sich die unterschiedlichen Inhaltstypen anhand eines Content Funnels beschreiben und grob in drei Phasen unterteilen:
1) Awareness-Phase
Diese Phase beginnt in dem Moment, wenn sich ein potenzieller Kunde bewusst wird, dass er ein Problem hat. Ab dann interessiert er sich für Inhalte, die ihm helfen, sein Problem zu verstehen. Das können zum Beispiel Blogposts sein, welche die typischen Symptome des Problems aufgreifen und dann das Problem erklären.
2) Consideration-Phase
Wenn der potenzielle Kunde sein Problem verstanden hat, wird er beginnen, nach Lösungen zu suchen. In der Consideration Phase interessiert er sich also für Themen rund um mögliche Lösungsansätze. Das können bereits Angebotsseiten sein, aber auch Referenzcases oder Fachartikel, Webinare und weitere geeignete Format.
3) Decision-Phase
Erst jetzt, wenn sich der potenzielle Kunde für eine Lösung entschieden hat, wird er sich dafür interessieren, wer die Lösung anbietet. Jetzt spielen insbesondere die USPs eine Rolle, die idealerweise auf der Startseite oder im Über-uns-Bereich auf Ihrer Website zu finden sind.
Leadgenerierung funktioniert am besten, denn Sie jeden potenziellen Kunden genau an dieser Stelle in seinem Kaufentscheidungsprozess abholen können, an der er sich in diesem Moment gerade befindet.
Da Sie im Voraus natürlich nicht wissen können, wo ein potenzieller Kunde steht, lohnt es sich, auf der Webpräsenz des Unternehmens genügend Inhalte für alle drei Phasen anzubieten.
Für die problembezogenen Inhalte in der Awareness-Phase eigenen sich am besonders redaktionelle Inhaltsgefässe wie:
- Blogartikel,
- Social Media Posts,
- Fachartikel,
- Studien,
- Podcasts,
- Webinare und Videos.
Auch die lösungsbezogenen Inhalte der Consideration-Phase lassen sich oft mit den oben genannten Inhaltsgefässen aufgreifen. Gleichzeitig sollte die Lösung aber immer auch auf den Angebotsseiten der Website genügend tiefgründig erklärt werden.
Dass die anbieterbezogenen Inhalte der Consideration-Phase auf die Website gehören, ist eigentlich allen Unternehmen klar. Unser Tipp hier ist: Fokussieren Sie voll auf Ihre USPs und zeigen Sie so, was Sie besser können als Ihre Mitbewerber.
Tipp 6) Bauen Sie Zwischenschritte ein
Die Hürde für das Ausfüllen eines Kontaktformulars mit einem unbekannten Anbieter ist sehr, sehr hoch. Viel tiefer ist die Schwelle dagegen für weniger direkte Kontaktaufnahmen.
Es sehr erfolgreiches Konzept zur Leadgenerierung baut daher auf kleine Zwischenschritte:
Schritt 1) Kontakt mit einem unwiderstehlichen Marketingangebot herstellen
Im ersten Schritt machen Sie den Zielpersonen ein Angebot, dass diese nicht ablehnen können. Das Angebot soll den potenziellen Kunden helfen, einem besonders wichtigen Ziel einen grossen Schritt näher zu kommen. Und als Gegenleistung für dieses wertvolle Angebot verlangen Sie lediglich die Kontaktdaten der potenziellen Kunden.
Obwohl Sie an diesem Angebot kein Geld verdienen, verkaufen Sie es nach allen Regeln der Überzeugungskunst und bewerben es aktiv.
Schritt 2) Bekanntwerden mit Retargeting-Anzeigen
Vielleicht hat die Zielperson beim Marketingangebot zum ersten Mal von Ihrem Unternehmen und Angebot gehört. Jetzt ist es wichtig, dass die Zielperson Sie als «bekannten» Anbieter wahrzunehmen beginnt.
Dazu eignen sich Retargeting-Anzeigen besonders gut. Über den Retargeting-Mechanismus können Sie Personen, die Ihre Webseite (oder bestimmte Unterseiten davon) besucht haben, ganz gezielt mit passenden Anzeigen erreichen. Das funktioniert auf YouTube, LinkedIn, Facebook, im Google Display Netzwerk und auf anderen Anzeigenkanälen.
Schritt 3) Goodwill mit einer Vertiefungs-E-Mail schaffen
Da Sie über die Kontaktdaten der Zielpersonen verfügen, können Sie diese kostenlos kontaktieren. Nutzen Sie diese Gelegenheit, um Goodwill zu schaffen. Das gelingt, indem Sie der Zielgruppe eine E-Mail mit vertiefenden Informationen zum Marketingangebot senden. Auch hier sollten Sie möglichst grosszügig sein. Schenken Sie noch mehr Mehrwert, diesmal sogar ganz ohne Gegenwert.
Ihre Zielpersonen lernen so, dass es sich lohnt, E-Mails von Ihnen zu öffnen und zu lesen.
Der Aufwand für den Versand dieser Vertiefungs-E-Mails hält sich in Grenzen – das lässt sich problemlos automatisieren.
Schritt 4) Überzeugungsprozess mit Engagement-Mails begleiten
Nachdem Sie persönlichen Kontakt mit den potenziellen Kunden aufgenommen haben, sollten Sie ihnen Zeit für den Entscheidungsprozess lassen. Zu viel Verkaufsdruck kann hier kontraproduktiv wirken.
Was Sie aber tun können, ist, den Entscheidungsprozess mit gezielten Informationen zu begleiten. Typischerweise geschieht dies mit einer Reihe von automatisierten E-Mails 3, 7, 14 und 28 Tage nach der Kontaktaufnahme.
Inhaltlich geht es bei dieser E-Mail-Serie insbesondere um folgende Punkte:
- Vertrauen aufbauen,
- Reputation zeigen,
- Einwände entkräften.
Schritt 5) Geschäft mit Offert Call anbahnen
Wenn die potenziellen Kunden einen grossen Teil ihres Kaufentscheidungsprozesses durchlaufen haben, sind sie bereit für den Offer Call.
Der Offer Call bahnt das eigentliche Verkaufsgespräch an. Sehr hilfreich ist, wenn Sie dabei auf ein extrem attraktives Einstiegsangebot verweisen können. Dieses Angebot soll direkt an das Nutzenversprechen anknüpfen, das Sie bereits beim Marketingangebot abgegeben haben.
Genauso wichtig wie ein gutes Einstiegsangebot ist aber, dass Sie beim Offer Call die richtigen Fragen stellen.
Schritt 6) Präsent mit Newsletter bleiben
Falls die potenziellen Kunden beim Offer Call noch nicht anbeissen, ist die Zeit noch nicht reif für den Verkaufsabschluss. Sie haben jetzt aber wertvolle Vorarbeit geleistet. Jetzt geht es hauptsächlich darum, präsent zu bleiben. Ziel ist, dass die potenziellen Kunden sofort an Sie denken, sobald das Bedürfnis für Ihr Angebot wächst.
Damit Sie diese Präsenz über längere Zeit aufrecht halten können, sollten Sie den Zielpersonen einen monatlichen Newsletter mit interessanten Inhalten zustellen.
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